Es ist dunkel geworden. Die Welt scheint enger. Nebel legt sich wie Weichzeichner über die Landschaft. Mir kommt vor, als würde ich alles durch eine beschlagene Scheibe sehen. Nur manchmal erhellt eine ferne, blasse Sonne das Grau. Das Leben scheint den Atem anzuhalten und der Tod, das Ende, die Finsternis sind näher und greifbarer als sonst.
Jetzt ist die Zeit, für Aberglauben, Mythen, dunkle Gedanken. Gedanken die schweifen, abgleiten, hinüberwandern. Dorthin, wo Nebelschwaden über dem ewig silbrigen Fluss hängen. Wo Graureiher landen und kurz regungslos verharren, bevor sie ins Reich der Schatten fliegen. Wo sich dunkle Wesen aus dem Wald lösen, um sich im Mondlicht im Wasser zu spiegeln.
Eine von ihnen ist die Banshee, ein Totengeist aus der keltischen Mythologie. Ihr Name bedeutet 'Frau aus den Hügeln'. Man sagt, sie spürt, wenn jemand sterben wird. Dann wagt sie sich hervor und weint vor dessen Fenster. Alle können sie sehen und ihr Klagen hören, nur der Betroffene selbst nicht. Oft soll sie auch am Ufer sitzen und Totenhemden waschen.
Ich mag solche Geschichten - auch wenn, oder gerade weil, sie ziemlich schaurig sind. Sie schaffen eine Verbindung zwischen Leben und Tod und bringen uns so wieder mit dem Natürlichsten der Welt in Kontakt, das wir im Alltag so gerne verdrängen.